Kogan in Neuss 2021

Die Vorfreude ist groß auf den Besuch des Clemens Sels Museums in Neuss Ende März 2021. Wieder wir mir die Tür eines Archivs geöffnet, um weitere Arbeiten von Kogan zu sehen. Dr. Bettina Zeman, Kustodin des Museums, lud mich auf meine Anfrage zu einem Besuch ein. Mein Sohn Tomas Kleiner, der in Düsseldorf als Künstler arbeitet, wohnt nur 13 km vom Museum entfernt. So lassen sich beide Orte mit einer Reise wunderbar verbinden. Ca. 60km östlich von Neuss liegt Hagen, wohin der Kunstsammler und Mäzen Karl Ernst Osthaus 1910 für einige Monate Kogan als Lehrer an die Schule des Folkwang-Museum holte. Das Clemens Sels Museum besitzt mehrere Grafiken, Skulpturen und Reliefs von Kogan. Die plastischen Arbeiten wurden in den Jahren 1958 bis 1960 vom Clemens Sels Museum erstanden, das damals unter der Leitung von Irmgard Feldhaus stand.

Ich werde von Frau Dr. Zeman herzlich begrüßt. Sie erzählt mir, dass auch ihr die Arbeiten von Kogan sehr gefallen. Es gab wohl für längere Zeit eine „Kogan-Vitrine“ in der ständigen Ausstellung des Museums. Ich hatte vor dem Besuch Bescheid gegeben, dass ich mich auf die Besichtigung der Skulpturen und Reliefs beschränken werde. Martin Langenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums, führt mich ins Archiv. Er wird nun für mich eine Arbeit nach der anderen aus ihren „Verstecken“ holen, so dass ich sie mir in Ruhe anschauen kann. Es sind vor allem zwei Arbeiten, die mich sehr interessieren, da ich sie seit Beginn meines Projektes durch Fotografien kenne und in mein Herz geschlossen habe:

  • „Ruhende“ Große Liegende mit Spitzentuch, 1929, Schamotte, 57cm x 83cm x 6cm
  • Sitzende mit angewinkeltem rechten Bein und geneigtem Kopf, um 1933, Terrakotta, 37cm x 12,4cm x 17,2cm

Außer dieser Arbeiten bekomme ich noch weitere acht zu Gesicht, vier Skulpturen aus Terracotta und vier Reliefs, eines davon aus Bronze.

Die „Ruhende“ ist im Archiv gehängt aufbewahrt, so dass ich sie in ihrer ganzen Pracht erleben kann. 2015 habe ich das von Kogan bevorzugte Prinzip des Negativschnitts an Hand eines Fotos der „Ruhenden“ geübt. Es entstand dadurch eine verkleinerte spiegelbildliche Kopie. Ich nannte sie die „Schwebende“. Ich fertigte mehrere Ausformungen aus Terrakotta an. Eine ungebrannte Form nahm ich im November 2015 mit nach Auschwitz-Birkenau, wo ich sie in der frisch gepflanzten Birkengruppe an der Judenrampe ablegte. Weitere Versionen habe ich an verschiedene Menschen weitergegeben.

Der Besuch des Clemens Sels Museums war besonders für mich, da ich zum ersten Mal Vollplastiken von Kogan anschauen konnte. Sie haben eine besondere Ausstrahlung. Vielleicht passt der Ausdruck provisorisch zu ihnen. Etwas nicht ganz Fertiges oder ein Zwischenstadium. Bis auf die „Ruhende“, die doch sehr abgeschlossen wirkt, könnten die anderen Arbeiten wie ein Zwischenprodukt auf dem Weg zum Ziel angesehen werden. Und das ist es, was mich so anspricht bei Kogans Kunst: Sie öffnet durch ihre Leichtigkeit und Spontanität Raum für Genialität. Sie macht mir Mut.

„Ruhende“ Große Liegende mit Spitzentuch
Sitzende mit angewinkeltem rechten Bein und geneigtem Kopf
Detail Weiblicher Akt mit verschränkten Armen, schreitend, aus dem Triptychon „Drei weibliche Akte“
Detail von „Stehender Frauenakt mit Hand an der Hüfte“